Influencer-Marketing – BGH-Urteile, Influencer-Gesetz, und was dies für Sie bedeutet
Der Bundesgerichtshof hatte darüber zu urteilen, wann Influencer, die fremde Produkte vorstellen, eine Werbekennzeichnung platzieren müssen (BGH, Urteile vom 9. September 2021 – I ZR 90/20, I ZR 125/20, I ZR 126/20). Vor allem ging es um die Frage, wann Influencer selbst erworbene Produkte kennzeichnen müssen (bekannt als „Werbung wegen Markennennung“).
In dem folgenden Beitrag fasse ich die Entscheidungen des BGH zusammen, gebe einen Ausblick auf die kommende gesetzliche Regelung für Influencer und erkläre, warum der o.g. Werbehinweis vorerst weiterhin verbreitet bleiben wird.
Inhalt des Beitrags:
Entscheidungen des BGH
Zu den Urteilen des BGH liegt bisher erst die Pressemitteilung vor, aus der sich jedoch bereits hilfreiche Leitlinien für die Werbekennzeichnung ergeben
- Bezahlte Werbung ist stets zu kennzeichnen: Erhalten die Influencer für die Erwähnung von fremden Produkten Geld oder Sachwerte, dann ist eine Kennzeichnung stets erforderlich.
- Influencer die für ihre Leistungen oder sich werben, handeln geschäftlich: Influencer, die fremde Produkte vorstellen und damit ihr eigenes Image steigern, handeln geschäftlich. D.h. sie müssen prüfen, ob sie eine Werbekennzeichnung benötigen. Rein private Accounts, die keine Kooperationen mit Unternehmen eingehen, bedürfen dagegen keiner Kennzeichnung. Denn in diesen Fällen werden keine eigenen Leistungen beworben.
- Werbecharakter ist notwendig: Eine Werbekennzeichnung ist notwendig, wenn die Produkte werblich herausgestellt werden. Wann eine werbliche Herausstellung erforderlich ist, muss im Rahmen einer Gesamtwürdigung beurteilt werden.
- Werbecharakter ist offensichtlich: Um Werbung handelt es sich, wenn ein Beitrag “ohne jede kritische Distanz allein die Vorzüge eines Produkts dieses Unternehmens in einer Weise lobend hervorhebt, dass die Darstellung den Rahmen einer sachlich veranlassten Information verlässt“.
- Tap Tags begründen keinen Werbecharakter: Alleine die Platzierung von sog. “Tap Tags” (Verweise auf die Accounts von Unternehmen, die über Produkten erscheinen, wenn ein Bild bei Instagram per Klick/ Touch-Geste berührt wird) begründet noch keinen Werbecharakter.
- Links begründen den Werbecharakter: Wird nicht bloß ein Tap Tag, sondern ein Link zum Hersteller/Produkt im Beitrag platziert, so spricht dies für den Werbecharakter eines Beitrags. Warum der BGH zwischen Links und Tap-Tags, die praktisch wie Links funktionieren unterscheiden, ergibt sich aus der Pressemitteilung des BGH nicht. Hier müssen wir die Urteilsgründe abwarten
- Keine Werbekennzeichnung, wenn Werbecharakter anhand der Umstände erkennbar: Wenn ein Modemagazin von sich aus Produkte vorstellt, dann handelt es geschäftlich, da es das Magazin verkaufen und Werbekunden anlocken will. Das ist jedermann bekannt und daher ist keine Werbekennzeichnung erforderlich. Laut BGH gilt dies auch für Influencer. Allerdings bleibt es unklar, wann dieser kommerzielle Hintergrund den Followern bekannt ist. Die Erkennbarkeit wurde bei Influencerinnen mit 600.000 und 1,7 Mio. Followern bejaht. Eine klare Grenze gab der BGH nicht vor.
“Werbung” oder “Werbung wegen Markennennung?
Für die Kennzeichnung von Beiträgen als Werbung gelten die folgenden Vorgaben:
- “Werbung”, “Anzeige” oder eigene Worte – Werbende Beiträge sollten mit den Begriffen “Werbung” oder “Anzeige” gekennzeichnet werden. Zulässig wäre aber auch eine Umschreibung, wie z.B. “Für dieses Produkt habe ich ein Entgelt erhalten“. Begriffe wie “Sponsoring” oder “Kooperation” sind nicht ausreichend. Ob die von Plattformen wie “Instagram” bei Kennzeichnung von Produkten als sog. “Branded Content” (Beispiel Instagram) automatisch bereitgestellte Begriffe, wie z.B. “Bezahlte Partnerschaft” alleine als Kennzeichnung ausreichend sind, kann zumindest der Pressemitteilung nicht entnommen werden.
- Werbung wegen Markennennung – Wer zeigen möchte, dass der Hinweis aufgrund gesetzlicher Vorgaben und nicht wegen einer Bezahlung durch den Produkthersteller erfolgt, darf die Kennzeichnung “Werbung wegen Markennennung” verwenden.
- Zum Beginn des Beitrags – Die Werbekennzeichnung sollte gleich am Anfang der Beiträge, in jeder werbenden Story oder jedem werbenden Video stehen. Ein Hashtag “#Werbung” am Ende des Beitrags wäre z.B. nicht ausreichend.
- Platzierung im Profil – Ein Hinweis auf den Werbecharakter in der Profilbeschreibung eines Accounts wird nicht ausreichend sein. Denn in Social Media tauchen gepostete Beiträge, Bilder oder Videos für sich stehend in den Timelines der Follower auf. Daher müssen die Beiträge jeweils einen Werbehinweis für sich enthalten.
Weitere Erleichterung durch das “Influencer-Gesetz”?
Ab dem 28. Mai 2022 wurde im Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG), der folgende § 5a Absatz 4 neu eingefügt.
§ 5a Irreführung durch Unterlassen
(4) Unlauter handelt auch, wer den kommerziellen Zweck einer geschäftlichen Handlung nicht kenntlich macht, sofern sich dieser nicht unmittelbar aus den Umständen ergibt, und das Nichtkenntlichmachen geeignet ist, den Verbraucher oder sonstigen Marktteilnehmer zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte. Ein kommerzieller Zweck liegt bei einer Handlung zugunsten eines fremden Unternehmers nicht vor, wenn der Handelnde kein Entgelt oder keine ähnliche Gegenleistung für die Handlung von dem fremden Unternehmer erhält oder sich versprechen lässt. Der Erhalt oder das Versprechen einer Gegenleistung wird vermutet, es sei denn der Handelnde macht glaubhaft, dass er eine solche nicht erhalten hat.
Sprachlich klingt es zunächst so, als ob eine Kennzeichnung bei selbst erworbenen Produkten gar nicht mehr erforderlich sein wird. Allerdings spricht das Gesetz von “Handlung zugunsten eines fremden Unternehmens“.
Der BGH hat jedoch festgestellt, dass Influencer die fremde und selbst erworbene Produkte vorstellen auch zu eigenen Gunsten werben (“das eigene Image vermarkten“). D.h. diese gesetzliche Ausnahme wird in dem Fall der selbst erworbenen Produkte wirkungslos. Dafür spricht auch die Begründung des Gesetzgebers:
“Zu beachten ist allerdings, dass Satz 2 lediglich auf die Beurteilung der Frage anwendbar ist, ob eine Handlung zugunsten eines fremden Unternehmers vorliegt. Die Frage, ob eine unentgeltlich abgegebene Empfehlung von Influencerinnen oder Influencern auch insofern eine geschäftliche Handlung darstellt, als dass sie den Zweck der Förderung des eigenen Unternehmens verfolgt, beurteilt sich allein nach § 5a Absatz 4 Satz 1 beziehungsweise der Definition der geschäftlichen Handlung in § 2 Absatz 1 Nummer 2.”
Das heißt, das “Influencer-Gesetz” wirkt sich auf die Entscheidung des BGH nicht auswirken und schafft in der Frage selbst erworbener Produkte, deren Klärung es gerade dienen sollte, keine Klarheit.
Zusammenfassung
Influencer, die ein Entgelt für ihre Leistungen erhalten, müssen einen Werbehinweis am Anfang der Beiträge, bzw. in Stories und Videos platzieren.
Wenn Influencer ihre Accounts vermarkten und selbst erworbene Produkte vorstellen, ist ein Werbehinweis erforderlich, wenn sie die Produkte entweder offensichtlich bewerben oder Links zu den Produkten oder Anbietern in die Beiträge aufnehmen. Werden die Produkte nicht offensichtlich beworben, sondern als “Teil des eigenen Lebens” präsentiert oder sachlich, mit Vor- und Nachteilen besprochen, dann ist ein Werbehinweis auch dann nicht erforderlich, wenn Tap Tags auf die Produkte oder Hersteller-Accounts gesetzt werden.
Ferner müssen kommerziell agierende Influencer mit einer Vielzahl von Followern keine Werbekennzeichnung für selbst erworbene Produkt platzieren (keine klaren Grenzen, entschieden ab 600.000 Followern).
Zusammenfassend bleiben auch nach dem Urteil des BGH Unklarheiten, z.B. wann die Präsentation eines Produktes sachlich ist und wann werbend oder ab wie vielen Followern ein Werbecharakter erkennbar ist. Influencern, die sich bei diesen rechtlichen Feinheiten unsicher fühlen, ist weiterhin zu raten, einen Werbehinweis zu platzieren.
Das sog. “Influencer-Gesetz” hat an den Entscheidungen des BGH nichts geändert und keine weitere Klarheit gebracht. Das bedeutet, es ist damit zu rechnen, dass der Hinweis “Werbung wegen Markennennung” trotz gesetzlicher Bemühungen und höchstrichterlicher Entscheidungen weiterhin präsent bleiben wird.
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